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Reportagen - Archiv

Alice Dorison, Kandidatin der CDU für de Bundestagswahl 2017
Jung und forsch (Ben und Chris) 

 

Der eine hat sein Wahlkampfbüro in ein Videostudio ausgebaut und dreht Clips im Stile von Youtube-Stars, ein zweiter lässt sich von Wählern per Whatsapp "Denkzettel" schicken, ein dritter nutzt Facebook als Plattform für Provokationen. Die jüngsten Bundestagskandidaten der Parteien in Baden-Württemberg kämpfen mit frischen Ideen um Stimmen - auch wenn sie wissen: Ihre Chancen auf einen Einzug ins deutsche Parlament (Durchschnittsalter: fast 50 Jahre) sind gering.   

Wir haben die Politiker Tobias B. Bacherle (Grüne), Leon Hahn (SPD), Dennis Nusser (FDP), Markus Frohnmaier (AfD), Alice Dorison (CDU, im Foto) und Lorena Müllner (Linke) in den Wochen vor der Bundestagswahl 2017 begleitet und sie beobachtet. Foto: Ben Schieler 

Stephen Manning bei einer Demo
Mauern aus Stein (Chris Ignatzi) 

 

Stephen Manning ist das, was man sich unter einem perfekten Fußball-Schiedsrichter vorstellen kann. Graue Haare, gütiger Blick, ruhige Stimme. Abseits des Platzes trägt er Tweed-Jacket und Krawatte. 2005 kehrt er nach vielen Jahren im Ausland in seine geliebte Heimat Irland zurück. Er will sich ein eigenes kleines Paradies aufbauen, draußen auf der Insel Achill Island zwischen blauem Ozean und grünen Wiesen. Statt des Paradieses findet er die Hölle. Und alles beginnt mit einem Jugendfußballspiel. 

Irland, das heißt grüne Wiesen, Schafe und Schwarzbier. Doch jenseits des Touristenidylls blühen Vetternwirtschaft, Korruption und „Stonewalling“, das systematische Totschweigen all dessen. Der Ire Stephen Manning wurde selbst zum Opfer – und hat dem System den Kampf angesagt. Foto: Chris Ignatzi

Im Dschungel von Costa Rica
Urlaub im Urwald (Chris Ignatzi) 

 

Wenn aus Nebel Regen wird, werden aus Bergen Ebenen. Majestätische Bäume verwandeln sich in dichte, immergrüne Büsche. Dort unten, im Dschungel, ist das Land so flach, dass die Wolken sich nicht mehr in den Bäumen verfangen, wo sie den dichten Nebel bilden. Der Wind weht sie von der Karibik herüber und bringt mit ihnen Regen. Tagein, Tagaus. Mal nieselt es stundenlang. Tagelang. Mal schüttet es wenige Minuten solche Massen, als stünde man unter einer gigantischen, lauwarmen Dusche.

 

Ökotourismus erfreut sich steigender Beliebtheit. In einem Indianerreservat im Dschungel Costa Ricas macht eine Familie der Ngöbe-Indianer Riten, Bräuche und Geschichte ihres in dem mittelamerikanischen Land fast ausgestorbenen Stammes Urlaubern zugänglich. Foto: Chris Ignatzi.

Vor der World Para Nordic Skiing Weltmeisterschaft in Finsterau
Das ganze Dorf ist da (Ben Schieler) 

 

In der Ruhe vor dem Sturm pfeift der Wind sanft durchs Skistadion Finsterau. Das einzige Geräusch ist das Klirren des Metalls einer Fahnenstange, an der noch keine Fahne flattert. Das 450-Seelen-Dorf im Bayerischen Wald, einst die letzte Bastion vor dem Eisernen Vorhang, ist üblicherweise keine Stätte des Trubels. Das ändert sich im Februar 2017, wenn die Weltmeisterschaften im Ski Nordisch für Sportler mit Behinderung nach Finsterau kommen - eine Veranstaltung, die die Gemeinde elektrisiert.

 

Mehr als 250 Helfer stehen bereit, mehr als 3000 Stunden in Eigenleistung gingen in den Monaten davor allein für den Bau einer Catering-Halle drauf. Der Bürgermeister gibt den Quartierschef, der Pfarrer den Zeitnahmehelfer. Eine Geschichte über ein Dorf, das für sich werben will. Foto: Thomas Wagner

Arvenwald in St. Moritz
Hand in Hand durch den Wald (Chris Ignatzi) 

 

Hansjörg Hosch wandert gern. Im Herbst 2015 auf den Bergen über St. Moritz leuchten die Gräser gelb in der Sonne. Ein Weg schlängelt sich hinauf durch Wälder und Wiesen, vorbei an den enzianblauen Schneekanonen bis zu der Gruppe von Lerchen und Arven, gemeinhin bekannt als Zirbelkiefern, die kurz vor dem Winter die letzten Sonnenstrahlen durch Äste und Nadeln blitzen lassen. Was Hosch noch nicht weiß: Drunten im Tal brüten einige Herrschaften bereits über Plänen – in denen die Majestäten nicht mehr vorkommen.

 

Die Ski-WM 2017 in St. Moritz kommt fast ohne Opposition aus. Während andernorts Proteste Planungen blockieren, arbeiten Umweltverbände und Veranstalter in der Schweiz eng zusammen. Nur eine einzelne Entscheidung bringt die Stimmung beinahe zum Kippen. Foto: Chris Ignatzi

Die Höhlen von Granada
Leben im Loch (Chris Ignatzi) 

 

Auf dem Weg, vorbei an Pinienbäumen, als die Stadt langsam zur Vorstadt wird und die Vorstadt zum Dorf, werden die Häuser langsam zu Höhlen, und die Höhlen langsam zu Löchern im Fels, die nur über unwegsame Pfade zu erreichen sind. Touristen verirren sich selten in die hintersten Ausläufer des Sacromonte. Erich braucht sich nicht dorthin zu verirren. Der gebürtige Heidelberger lebt seit einigen Jahren dort, mitten im andalusischen Niemandsland vor den Toren Granadas.

 

Angeblich geht es mit Spanien wieder bergauf. Die Arbeitslosigkeit aber bleibt ein Problem. Der deutsche Aussteiger lebt von Straßenmusik. Doch mehr und mehr werden seine klauenden, schnorrenden und bettelnden Nachbarn zum Problem. Eine Geschichte über einen Aussteiger. Foto: Thomas Wagner 

GPO Dublin
Auf den Spuren der Freiheit (Chris Ignatzi) 

 

Als der eisige Wind die dichten Wolken gen Horizont weht, gelingt es ein paar Sonnenstrahlen, sich ihren Weg zu bahnen. Dann sind die daumennageldicken Einschusslöcher kurz sichtbar. Das Licht strahlt durch sie hindurch. Nur wer genau hinsieht, erkennt die Schäden an den mannsgroßen Engeln, die das O'Connell-Denkmal in der Stadtmitte der irischen Hauptstadt Dublin zieren. Fast wirkt es, als seien sie dort eben erst entstanden. 2016 feierten die Iren den 100. Jahrestag des Osteraufstands von 1916.

 

Er sollte den Startschuss für die Eigenständigkeit des Staats Jahre später bilden. Was ist davon geblieben? Eine Reportage von den Schauplätzen der Revolution, zwischen Gedenkstätten, Nationalstolz und Regenschirmen, auf denen die Gesichter der Rebellen prangen. Foto: Chris Ignatzi 

Jürgen Lodemann
Der Katastrophenheini (Ben Schieler) 

 

Am 28. März wird Jürgen Lodemann 80. Die Gratulanten aber müssen warten. Der Schriftsteller und Erfinder der SWR-Bestenliste ist geflüchtet,  „hinter die Elbe“, zu seinem Sohn. Sich zum runden Geburtstag feiern zu lassen, liegt ihm fern. Wohl aber ist dieser Tag ein Anlass, zurückzublicken. Auf die Bücher, die er schrieb: „Alles Erfolge, hat nur keiner bemerkt.“ Auf die Skandale, die ihn beschäftigten: die nationalistische Umdeutung der Nibelungensage oder die Gefahren der Atomenergie etwa. Und auf einiges mehr.  

 

„Katastrophenheini“ nennt ihn scherzhaft seine langjährige Lebensgefährtin Bille Haag, ebenfalls Schriftstellerin. „Ich kann nicht anders“, sagt Lodemann. „Solange ich den Griffel halten kann, schreibe ich meine Sachen.“ Porträt eines Unruhegeistes, der, trotz allem, völlig entspannt wirkt. Foto: Ben Schieler 

Annemie Schneider Paralympics
Die Stunde der Sieger (Ben Schieler) 

 

Ohne Stock geht es nicht mehr. „Die neue Prothese“, sagt Annemie Schneider, schaut verächtlich hinab, „furchtbar“. Im zivilen Leben hat man der Bischofswiesenerin früher kaum angemerkt, dass sie mit 17 bei einem Zugunglück ein Bein verlor, auf der Piste schon. Da stürzte sie sich auf einem Ski den Berg hinunter, je steiler und eisiger, desto besser. Fünfmal gewann sie allein bei Paralympischen Spielen Gold – genauso häufig wie ihr Pendant in der Gegenwart: Anna Schaffelhuber, amtierende Weltbehindertensportlerin.

 

2016 jähren sich die ersten Paralympischen Winterspiele zum 40. Mal. Zwei herausragende Athletinnen von damals und heute blicken zurück und sprechen über neugierig-mitleidige Blicke, Bettelbriefe und Begegnungen mit nicht-behinderten Spitzensportlern. Foto: privat

Fatbike in Gstaad
Fette Reifen im Schnee (Chris Ignatzi) 

 

Sie hämmern sich in den Schnee. Wie winzige Eispickel, Zentimeter für Zentimeter drücken die oberarmdicken Reifen ihre Pro­fil­erhebungen in den Untergrund. Sie beißen sich fest und lassen nicht mehr los. Fressen sich weiter den Hang hinauf. Es knirscht, knarzt, knackt. Bis das kräftige Rad plötzlich durchdreht. Da war wohl der Schnee zu tief – oder die Technik falsch. Genau in der Mitte einer 20 Meter langen Steigung geht plötzlich nichts mehr, weder vor noch zurück. Doch Hilfe naht. 

 

Seit der vergangenen Wintersaison bieten die Schweizer im Nobelort Gstaad den Trendsport Fatbike an. Ein Winterspaß für passionierte Biker, und ein neuer Akzent für eine Region, die vom Tourismus lebt. Lohnt sich das? Chris Ignatzi hat es getestet. Foto: Chris Ignatzi

Keingart Kopenhagen
Hügel für die Leichathleten (Ben Schieler) 

 

Eigentlich sind sie Architekten. Doch ihre wahre Berufung sehen Maria Keinicke und Flemming Overgaard darin, Menschen zu kitzeln. Das ist freilich nicht wörtlich zu verstehen, Keinicke und Overgaard sind keine Grabscher. Die Kopenhagener möchten Reize schaffen, sich mehr zu bewegen. Deshalb päppeln sie Sportanlagen auf, auf denen sich keiner mehr bewegen möchte, zum Beispiel mit Hügellandschaften in Leichtathletik-Anlagen. Ihr Motor: ein aus der Kindheit geretteter Drang zur Kreation.

Mit der größtmöglichen Ernsthaftigkeit ein Maximum an Spaß für Nutzer erreichen - das ist die Agenda von "Keingart - Space Activators". Porträt zweier unter anderem vom Internationalen Olympischen Komitee ausgezeichneter Baumeister. (http://keingart.com) Foto: Thomas Wilhelm

German Doctors Nicaragua Zahngold
Der Zahn muss raus (Chris Ignatzi) 

 

„37, 38, 48...“, die Zahnärztin rattert die Nummern kaputter Zähne herunter. Auf dem ehemaligen Bundeswehr-Behandlungsstuhl inmitten der Scheune 

eines nicaraguanischen Bergdorfs sitzt eine hübsche Frau Mitte 20. Ihr Manko: sie hat kaum noch Zähne im Mund. Das ist nichts Ungewöhnliches, sagt Katrin Hennings. Die Kinderärztin ist Teil der mobilen Klinik für arme Menschen. Arbeit hat sie genug: „Ich habe gesehen, wie Babys hier schon gezuckerten Kaffee aus dem Fläschchen zu trinken bekommen haben.“ 

 

Im Bergdorf Ocotal steht der einzige Zahnarztstuhl in Nord-Nicaragua, in dem sich Patienten kostenlos behandeln lassen können. Möglich ist das durch die Hilfsorganisation German Doctors und Zahnärzte, die Zahngold sammeln.

 Foto: Thomas Wagner / miketraffic.com

Coopedota Costa Rica
Wenn das Herz siegt (Chris Ignatzi) 

 

Edilio Agüero stützt sich auf einen Kaffeebaum und blickt der tiefstehenden Sonne Costa Ricas entgegen. Die Ernte war erfolgreich. 100.000 Colones hat er für 45 Kilo Rohkaffee bekommen. Das sind 200 Dollar. Ein Top-Wert. Seinen 40 Erntehelfern zahlt er zwei Dollar pro Korb. Einige von ihnen kommen aus Panama, manche aus Nicaragua. Auf den Plantagen ihrer Heimat bekämen sie nur einen Bruchteil. Selbst in Costa Rica liegt das Einkommen damit noch weit über dem Mindestlohn. Warum er solch ein Gehalt zahlt? „Weil ich es kann." 

 

Eine Stuttgarter Kaffeemanufaktur hat vor 50 Jahren den partnerschaftlichen Handel erfunden. Inzwischen sind weitere Röstereien dem Beispiel gefolgt. Eine Reportage über Händler, denen Menschlichkeit mehr bedeutet als die Gesetze des Markts. Foto: Thomas Wagner / miketraffic.com

Ghetto Warschau
Schreie in der Nacht (Chris Ignatzi) 

 

Barbara Góra hüllt den knielangen blauen Mantel enger um ihren Körper. „Dort drüben“, sie deutet durch verrostete Gitterstäbe auf eine monumentale Ruine. „Das ist Pawiak.“ Keine 50 Meter wohnte sie von dem Gefängnis im Herzen Warschaus entfernt, in dem die Nazis jüdische Polen folterten und töteten. Nachts lag Góra wach. Hörte Schüsse. Schreie. Das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte – das jüdische Mädchen überlebte es und trägt die Erinnerung seitdem mit sich.

 

Die polnische Hauptstadt war einst die größte jüdische Diaspora der Welt. Dann kamen die Nazis. Auf Spurensuche in den Überresten des vor 75 Jahren ummauerten Warschauer Ghettos mit einer 83-jährigen Holocaust-Überlebenden. Foto: Chris Ignatzi

Przemek Zajfert vor einer Galerie seines Projekts "The 7th Day"
Das Erbe des Erfinders (Ben Schieler) 

 

Przemek Zajfert war zehn, als er glaubte, mithilfe einer alten Sauergurkendose samt kleinem Loch sei ihm eine geniale Erfindung gelungen – nichtsahnend, dass Visionäre schon Jahrhunderte zuvor mit Camera obscuras hantierten. Bald ein halbes Jahrhundert später eifert er seinen Vorgängern noch immer hinterher – und einem im Speziellen: Joseph Nicéphore Niépce, dem Urvater der Fotografie, der vor 200 Jahren fieberhaft nach einem Weg suchte, bleibende Bilder zu schaffen. Zajfert hat seine Methode reproduziert.

Digitales Fotografieren ist ihm fremd, er braucht weder Linse noch Auslöser. Seine Werke verkauft der Stuttgarter nicht in schicken Ateliers, sondern auf Märkten, das ganze Jahr über. „Die Straße ist mein Langzeitprojekt“, sagt er. Porträt eines Freigeistes (http://zajfert.de) Foto: Ben Schieler

Tumelo Home Johannesburg
Die Kinder von Tumelo (Chris Ignatzi) 

 

Margret Wannenmacher weiß, wie es ist, fremd zu sein. Als weiße Frau in einem Kleinwagen, allein im Township Ivory Park. Einem der ärmsten und gefährlichsten Stadtteile der Welt in Johannesburg, Südafrika. Ausschließlich dunkelhäutige Menschen leben dort. Sie braust vorbei an Wellblechhütten, die sich von Horizont zu Horizont erstrecken. Vorbei an Straßenverkäufern und Bettlern. An Kindern, die im Müll wühlen. Verfolgt von misstrauischen Blicken. Eine weiße Frau ist hier nicht willkommen.

 

Margret Wannenmacher aus dem schwäbischen Waldorfhäslach lernte das Behindertenheim Tumelo Home vor zehn Jahren kennen. Seitdem vergeht kein Tag, an dem sie nicht etwas für die Kinder tut.  Foto: Thomas Wagner / miketraffic.com

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